An diesem Wochenende im April war unser zweiter Hochzeitstag und wir wollten das ganz besonders feiern. Deshalb haben wir uns auf unsere Räder geschwungen und sind auf ein Bikepacking-Abenteuer aufgebrochen, das uns auf die Inseln Sylt und Rømø führte. Die Sonne schien die ganze Zeit und die Landschaft war atemberaubend schön, aber leider hatten wir auch mit heftigen Böen bis zu 50 km/h zu kämpfen. Zusätzlich gab Janas Gangschaltung schon nach wenigen Kilometern den Geist auf, was bedeutete, dass sie die gesamte Tour mit nur einem Gang fahren musste. Trotzdem haben wir uns nicht unterkriegen lassen und sind unserem Ziel treu geblieben. In diesem Blogpost teilen wir unsere Erlebnisse und Erfahrungen mit euch und verraten, wie wir uns schlussendlich gegen die Widrigkeiten durchgesetzt haben.
Erster Zwischenstopp: Morsumer Kliff
Am frühen Morgen haben wir den Zug von Hamburg-Altona nach Sylt genommen und sind nach knapp drei Stunden Fahrt in Morsum ausgestiegen. Unser erstes Zwischenziel an diesem Tag war das Morsumer Kliff, das wir schon von unserem letzten Besuch auf der Insel in wunderschöner Erinnerung hatten. Dort wollten wir unser zweites Frühstück einnehmen und die Aussicht genießen. Schon auf dem kurzen Weg dorthin merkten wir, dass es ein windiger Tag werden würde. Aber wir ließen uns nicht beirren und machten uns auf den Weg. Schließlich waren wir ja gerade erst angekommen und hatten noch einiges vor uns an dem Tag. Als wir endlich am Morsumer Kliff ankamen, waren wir wieder einmal begeistert von der wunderschönen Aussicht, die sich uns bot. Wir aßen kurz einen Riegel und machten uns dann wieder auf den Weg.
Nichts ist schlimmer als Gegenwind, findet Jana. Gegenwind ist ihr Endgegner. Deshalb hofften wir, dass der Wind an diesem Tag noch drehen würde. Wir machten uns auf den Weg über schöne, aber holprige Feldwege und fuhren dann durch Keitum, das durch seine schönen altfriesischen Häuser immer wieder ein Hingucker ist. Als wir gerade den Sylter Flughafen neben uns liegen ließen, meldeten sich unsere Mägen. Leider hatte der Riegel am Kliff nicht gereicht, um unseren Hunger zu stillen. Eigentlich wollten wir Westerland nicht in unsere Route mit aufnehmen, aber es war der nächste Ort in diesem Moment. Wir hatten immer noch eine Rechnung offen mit Sylt und wollten es noch einmal mit Pommes versuchen. Vielleicht erinnerst du dich noch an unsere Sylt-Umrundung, bei der wir vergeblich nach einer Portion Pommes gesucht hatten. Dieses Mal waren wir erfolgreicher und fanden im „Münchner Hahn“ das, wonach wir suchten. Natürlich, wieso auch nicht Pommes auf einer Nordseeinsel bei einem Imbiss mit bayerischem Bezug essen? Es lag doch nichts näher. Egal, satt und zufrieden machten wir uns wieder los.
Wir machten uns weiter auf den Weg entlang der Westküste, als plötzlich Janas Schaltung den Geist aufgab. Sie hatte schon vorher gemerkt, dass etwas nicht stimmte, aber jetzt schaltete sie überhaupt nicht mehr. Wir hatten zu Hause schon mal Probleme mit der Di2 und der Verbindung zum Akku gehabt, aber wir dachten, wir hätten sie in den Griff bekommen. Wir hatten uns geirrt. Und natürlich hatten wir das passende Werkzeug nicht dabei. Da war es, unser erstes Learning für die nächste Tour. Jetzt stand Jana also mit nur einem Gang da, aber sie gab nicht auf. Wir hatten einen kurzen Stopp an einem Strand eingeplant, der zum einen wunderschön war und zum anderen über einen sauberen Toiletten-Anhänger verfügte. An der Düne, die zwischen uns und dem Strand lag, musste Jana dann leider schieben, die Rampe und der Untergrund waren in Verbindung mit dem Gepäck am Rad und dem falschen Gang für sie so nicht fahrbar. Ich hätte mir den „Wer sein Rad liebt, der schiebt“-Spruch beim Vorbeifahren durchaus sparen können, aber manchmal rede ich erst und denke dann.
Auf Sylt mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, ist immer wieder ein Highlight für uns. So kommt man an die schönsten Ecken der Insel heran, Orte, die man vielleicht nur per Rad oder zu Fuß erreichen kann. Natürlich ist die Insel immer voll von Touristen, auch von E-Bike-Touristen. Aber hey, wir sind ja auch Touristen und haben deshalb kein Recht, uns zu beschweren. Wir wollen doch auch die schönen Orte sehen und genießen. Was macht uns also zu „besseren“ Touristen als andere? Nichts. Also lassen wir das Gejammer und freuen uns, dass so viele Leute die Insel und ihre Schönheiten entdecken wollen.
Leider mussten wir unsere eigentliche Route etwas ändern, da wir nicht mehr ganz im Timing waren. Der Gegenwind und die defekte Schaltung waren nicht wirklich hilfreich. Wir entschlossen uns deshalb, den Ellenbogen, den nördlichsten Punkt der Insel (und Deutschlands), diesmal auszulassen, auch wenn es dort wunderschön ist und der Norden der Insel unser liebster Ort ist. Stattdessen wollten wir im Hafen von List eine Fähre früher nehmen und dadurch mehr Zeit auf Rømø haben. Jana war noch nie auf Rømø, aber ich schwärme immer so davon, dass sie sehr gespannt war. Sylt kannten wir ja schon, aber Rømø hatte noch so viele Geheimnisse für uns bereit. Also machten wir uns auf den Weg zum Hafen und freuten uns auf unsere nächste Abenteuerinsel.
Die Sylt-Fähre stand im Hafen schon bereit und war kurz vor der Abfahrt. Perfektes Timing! Mit der Fähre braucht man nur 30 Minuten von Sylt nach Rømø. Ein Ticket für eine Person inklusive Fahrrad kostet 12 Euro. Leider gab es auf der Fähre keine wirklich guten Plätze, um unsere Fahrräder abzustellen, oder wir haben sie übersehen. Also entschlossen wir uns, bei ihnen zu bleiben und sie festzuhalten. Dadurch sahen wir bedauerlicherweise nichts von der Landschaft während der Überfahrt und wurden zusätzlich von den durch die Vibrationen ausgelösten Alarmanlagen der Autos neben uns genervt. Aber wir waren ja bald am Ziel und freuten uns darauf, Rømø zu erkunden.
Die Fähre legte pünktlich in Havneby (der Hafen könnte dir bekannt vorkommen, falls du den Roman Polanski Film „The Ghost Writer“ gesehen hast) an und wir durften nach den ganzen Autos von der Fähre runterfahren. Wir wurden von offensichtlich gut gelaunten, singenden Seeleuten verabschiedet und machten uns auf den Weg Richtung Sønderstrand. Rømø ist eine wunderschöne Insel, die es irgendwie schafft, Menschen in ihren Bann zu ziehen. Der Sandstrand ist endlos und der Himmel so unendlich blau. Wir hatten das Glück, dass das Wetter auf unserer Seite war und die Sonne weiter schien. Urplötzlich war auch der Wind weg. Wie großartig! So durfte es gern bleiben.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis sich ein richtiges Urlaubsgefühl einstellte. Ich fragte mich, wie es wäre, wenn wir hier mal für etwas länger bleiben würden, vielleicht sogar einen ganzen Monat. Mit unseren Jobs ist das ja durchaus möglich. Einziger Haken: unsere Katze, die uns leider davon abhält. Aber wie schön wäre es, wenn man vor oder nach der Arbeit oder zur Mittagspause mit dem Rad rausfahren und sich direkt in dieser wunderschönen skandinavischen Landschaft verlieren könnte. Es wäre schon etwas Besonderes, wenn man in solch einer atemberaubenden Umgebung arbeiten kann. Allerdings muss ich auch zugeben, dass Rømø eine recht kleine Insel ist und die Touren irgendwann vielleicht auch immer gleich aussehen würden. Das bekannte Sprichwort ‚Das Gras ist immer grüner auf der anderen Seite‘ scheint in diesem Fall wohl zuzutreffen. Trotzdem war es ein wirklich schöner Gedanke.
Mit diesen Gedanken im Kopf rollten wir weiter Richtung Lakolk Strand. Auf dem Campingplatz waren wir zunächst etwas verloren und fanden unseren Stellplatz für die Nacht nicht. Die grasüberwachsenen Steine mit den Nummern darauf waren schwer zu erkennen und wir hatten Schwierigkeiten, uns zurechtzufinden. Glücklicherweise konnten uns andere Camper helfen und wir fanden so schließlich unseren Platz. Es war das erste Mal, dass wir unser Zelt benutzten und wir mussten erst einmal herausfinden, wie der Aufbau genau funktioniert. Der Aufbau ist zwar kinderleicht, aber wenn es so windig ist wie es in dem Moment war, dann kann es schon etwas länger dauern. Es war in diesem Moment, in dem wir uns wohl wirklich über die Existenz von SUVs gefreut haben, denn unser Nachbar bot uns an, seinen als Windschutz vor unser Zelt zu stellen. Das hat wirklich sehr geholfen, so einen Panzer, als Windbrecher zu haben.
Als das Zelt endlich stand, machten wir uns auf den Weg zum Strand. Die Sonne schien immer noch und es war zwar windig, aber die Temperaturen waren noch angenehm. Jana war beim Anblick des Strands völlig beeindruckt von seiner Größe. Er ist 12 km lang und 1-3 km breit und dass dann auch noch Autos darauf fahren dürfen, war etwas völlig Neues für sie. Wir suchten uns in der Mitte des Strands hinter einer Mini-Düne Windschutz und riefen meine Mutter an, um ihr von unserem Abenteuer zu erzählen. Nach dem Telefonat machten wir uns auf den Weg bis ans Meer. Der Sand unter unseren Rädern knirschte und der Wind peitschte uns ins Gesicht. Als wir das Meer erreichten, war der Himmel noch immer in verschiedenen Rottönen gefärbt und der Sonnenuntergang war atemberaubend schön. Leider wurde es ziemlich schnell kalt und wir mussten uns auf den Rückweg machen. Trotzdem war es ein unvergesslicher Abend und wir freuten uns schon auf den nächsten Tag unserer Reise.
Zurück auf dem Campingplatz haben wir noch schnell etwas mit unserem kleinen Kocher gekocht und uns dann in die Schlafsäcke verkrochen. Natürlich nicht ohne zuvor die Räder doppelt und dreifach zu sichern. Wir haben zwar eine gute Fahrradversicherung, aber man weiß ja nie. …
Die erste Nacht im Zelt zusammen war spannend. Wir waren beide etwas nervös, ob alles klappen würde und ob wir genug Platz haben würden. Doch schon nach wenigen Minuten hatten wir uns an die Enge gewöhnt und fielen in einen tiefen Schlaf.
Am nächsten Morgen war ich vor Jana wach und weckte sie vorsichtig. Wir hatten beschlossen, zum Sonnenaufgang noch einmal die Insel etwas zu erkunden, ohne das Gepäck am Fahrrad. Die Nacht war leider nicht sehr erholsam gewesen. Im Schlafsack zu schlafen ist immer noch etwas ungewohnt und manchmal können die Geräusche, die entstehen, wenn sich jemand umdreht, ziemlich laut erscheinen. Egal, wir setzten unser Vorhaben um und entdeckten mitten in einem kleinen Waldstück einen See, der im Morgenlicht wunderschön aussah. Ich war zwar schon ein paar mal auf Rømø gewesen, aber der See war auch neu für mich. Nachdem wir gefrühstückt und das Zelt abgebaut und alles eingepackt hatten, machten wir uns auf den Weg. Der Wind hatte über Nacht etwas nachgelassen, aber jetzt nahm er wieder Fahrt auf.
Wir hatten bei der morgendlichen Tour gemerkt, dass Janas Gangschaltung plötzlich wieder funktionierte. Das machte den Ausblick auf den heutigen Tag etwas besser, denn sie hoffte nicht wieder, mit nur einem Gang gegen den Wind ankämpfen zu müssen. Vor allem nicht, da der Rømø-Damm vor uns lag. Der Damm verbindet die Insel mit dem dänischen Festland, ist knapp 10 km lang und es geht nur geradeaus durch das Wattenmeer.
Tja, wir hatten uns etwas zu früh gefreut, kaum hatten wir unsere Taschen wieder an den Fahrrädern befestigt, ging die Schaltung plötzlich wieder nicht mehr. Wir waren überfragt und dezent genervt. Aber wir wollten ja nicht wieder die Fähre nach Sylt nehmen, sondern über das dänische Festland zurückfahren. Also blieb uns nichts anderes übrig, als so weiterzufahren. Die Fahrt auf dem Damm war ein besonderes Erlebnis, obwohl es fraglich ist, ob es wirklich schön war. Es gibt auf der gesamten Strecke nur zwei oder drei Parkbuchten, in denen man sicher anhalten kann. Man wird von Autos und Wohnmobilen überholt, die zwar nicht zu nah an einem vorbeifahren, aber der Wind knallt dann umso heftiger rein, wenn er kurz durch einen Camper oder einen Lkw geblockt wurde. Es war ein wenig beängstigend, aber wir hatten keine andere Wahl, als tapfer durchzuhalten. Ich fuhr ununterbrochen vor Jana, um ihr zumindest etwas Windschatten zu geben. Ich glaube, mein Puls kam dort ziemlich ins Rasen, wir vom Tempo her eher weniger.
Nachdem wir den Rømø-Damm erfolgreich hinter uns gebracht hatten, die Hauptstraße verlassen und den ersten Schotterweg am Deich erreicht hatten, machten wir eine kurze Pause im Windschutz, um unseren Hochzeitstag mit einem riesigen Protein-Cookie zu feiern. Denn wie man weiß: ohne Mampf, kein Kampf! Während wir weiter auf dem schönen Schotterweg entlang am Deich fuhren, der Teil des Nordseeküstenradwegs ist, entdeckten wir überall süße Schaf-Babies, die uns neugierig beobachteten. Eines der Schafe stolperte fast vor unsere Räder. Glücklicherweise waren wir ohnehin schon langsam unterwegs, um den Lämmern ausweichen zu können und konnten wir rechtzeitig bremsen. Der starke Rückenwind machte uns das Fahren deutlich leichter und wir waren viel schneller unterwegs als erwartet. Kaum hatten wir die deutsche Grenze erreicht, spürten wir jedoch sofort wieder den Stress der Autofahrer. Wir fragten uns, wieso die Autofahrer in Dänemark so entspannt und umsichtig sind, während nur wenige Kilometer weiter plötzlich alle wie die letzten Henker fahren.
Wir hielten noch an einem Hofladen mit Selbstbedienungsautomat an und Jana holte uns zwei Flaschen Fritz-Cola, um die Wartezeit auf den Zug nach Hamburg etwas zu verkürzen. Da wir früher als gedacht in Klanxbüll ankamen, sahen wir den vorherigen Zug gerade noch wegfahren. So mussten wir eine Stunde warten, aber wenigstens hatten wir die Fritz-Cola, um uns die Zeit zu vertreiben.
Unser erster Overnighter war wirklich ein besonderes Erlebnis und wir haben viele schöne Erinnerungen daran. Wir haben gemerkt, dass wir das Radfahren in Dänemark wirklich genossen haben und werden sicherlich bald wieder eine Tour planen. Bis bald, Rømø!